Änderung des Ruhrverbandsgesetzes wurde im NRW-Landtag verabschiedet
Freitag, 27. Dezember 2024 (09:00 Uhr)
Niedrigere Grenzwerte für die Mindestwasserführung in der Ruhr verbessern die Klimaresilienz des Talsperrensystems
Der nordrhein-westfälische Landtag hat in seiner Sitzung am 4. Dezember 2024 eine Gesetzesänderung verabschiedet, die es dem Ruhrverband erlaubt, seine Talsperrensteuerung flexibler an den Klimawandel anzupassen. Der Ruhrverband sichert mit dem größten zusammenhängenden Talsperrensystem in Deutschland die Mindestwasserführung in der Ruhr und damit die Wasserversorgung von 4,6 Millionen Menschen. Die Vorgaben, wie viel Wasser die Ruhr an welchem Gewässerquerschnitt mindestens führen muss, regelt das Ruhrverbandsgesetz.
Schon in der Vergangenheit, vor allem in den trockenen Jahren 2017 bis 2022, hatte das nordrhein-westfälische Umweltministerium wiederholt per Einzelfallentscheidung niedrigere Mindestabflüsse in der Ruhr zugelassen, um die stark beanspruchten Wasservorräte in den Talsperren zu schonen. Der Ruhrverband musste dafür jedes Mal eine Ausnahmegenehmigung beantragen, die jeweils nur befristet erteilt wurde. Die nun verabschiedete Gesetzesnovelle erlaubt grundsätzlich niedrigere Grenzwerte für die Mindestwasserführung am Pegel Villigst und im Gewässerabschnitt vom Pegel Hattingen bis zur Ruhrmündung in den Monaten Juli bis März jedes Jahres. Der Ruhrverband erhält dadurch einen größeren Spielraum für die Anpassung der Talsperrensteuerung an die sich ändernden klimatologischen und hydrologischen Verhältnisse im Klimawandel.
Die Änderung des Ruhrverbandsgesetzes war ein wichtiges gemeinsames Anliegen des Ruhrverbands, der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr e.V. (AWWR) und des NRW-Umweltministeriums, das bereits seit mehreren Jahren intensiv verfolgt wurde. „Dieses Gesetz verbindet erfolgreich mehrere Schutzinteressen: Es macht auf der einen Seite die Wasserversorgung klimaresilient und auf der anderen Seite sorgt es dafür, dass die Gewässerökologie geschützt wird. Wir begleiten den weiteren Prozess durch intensives Monitoring, so dass wir aus den Erfahrungen lernen können. Das ist ein wichtiger Teil der Wasserstrategie, uns fortlaufend an die Folgen der Klimakrise anzupassen“, sagte NRW-Umweltminister Oliver Krischer.
Auch Prof. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, zeigte sich erfreut über die Entscheidung des NRW-Landtags: „Die Absenkung des Mindestabflusses am Pegel Villigst und vom Pegel Hattingen bis zur Ruhrmündung wird uns helfen, künftige Trockenperioden besser zu überstehen. Wir haben die Absenkphasen, die uns in den vergangenen Jahren per Ausnahmegenehmigung ermöglicht worden sind, mit umfassenden Monitoringprogrammen begleitet und wissen daher, dass geringere Abflüsse in Ruhr und Lenne keine gravierenden Nachteile für die Gewässergüte und die Gewässerbiozönose haben.“
Ausdrücklich begrüßt wurde die Gesetzesnovelle auch von der AWWR, deren Mitgliedsunternehmen das Trinkwasser für die Menschen in der Region aus der Ruhr gewinnen. „Wir haben eine ganze Reihe von sehr trockenen Jahren hintereinander erlebt, die das Talsperrenmanagement auf harte Belastungsproben gestellt haben. Dass der Ruhrverband jedes Mal Sondergenehmigungen zur Abflussreduzierung beantragen musste, hat viel Zeit und damit auch kostbare Wasserressourcen gekostet“, betonte der AWWR-Vorsitzende Bernd Heinz in seiner Stellungnahme. „Nun hat der Ruhrverband einen größeren Handlungsspielraum zur schonenden Bewirtschaftung des Rohwasservorrats erhalten. Dies sichert unsere künftige Trinkwasserproduktion im fortschreitenden Klimawandel.“
Das ändert sich im Ruhrverbandsgesetz: Der durchschnittliche Abfluss an fünf aufeinanderfolgenden Tagen darf in den Monaten Juli bis März nie niedriger sein als 12,0 m3/s im Gewässerabschnitt vom Pegel Hattingen bis zur Ruhrmündung und 5,4 m3/s am Pegel Villigst. Bisher hatte das Gesetz 15,0 m3/s im Gewässerabschnitt ab Hattingen bzw. 8,4 m3/s am Pegel Villigst vorgeschrieben. Durch die Reduzierung lässt sich in trockenen Sommern, in denen der Abfluss in der Ruhr nahezu vollständig durch den Zuschuss aus den Talsperren aufrechterhalten wird, eine Einsparung von bis zu 260.000 Kubikmetern pro Tag realisieren. Dies trägt dazu bei, die in den Talsperren vorhandenen Wasservorräte länger bewirtschaften zu können.
Von den neuen Grenzwerten ausgenommen sind die gewässerökologisch besonders relevanten Monate April, Mai und Juni. In diesem Zeitraum gilt die bisherige Mindestwasserführung weiter, um in der sensiblen Laichphase (vor allem der Fischart Groppe und der Rundmaulart Bachneunauge) höhere Wasserstände zu gewährleisten. Zudem ist eine ökologische Aufwertung von Nebengewässern geplant, um die Populationen der Groppe und des Bachneunauges in der Ruhr zu stützen. Auch soll es ein gemeinsames Monitoring von Gewässerchemie und Fischpopulationen mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) geben.
Der Ruhrverband wird außerdem zehn seiner Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen ausstatten. Diese Maßnahmen sind Teil einer begleitenden Vereinbarung, die der Ruhrverband mit dem NRW-Umweltministerium getroffen hat, um etwaigen Folgen geringerer Wasserführung in der Ruhr entgegenzuwirken. Zudem kann der Ruhrverband durch die Absenkung der Mindestabflüsse den Hochwasserschutz seiner Talsperren weiter flexibilisieren. Hierzu sollen entsprechende Steuerungsstrategien erarbeitet werden. Dies ist ebenfalls Teil einer begleitenden Vereinbarung.