Wetterbilanz 2022 des Ruhrverbands: Immer wärmer, immer trockener
Donnerstag, 12. Januar 2023 (05:00 Uhr)
Der August war im Vergleich zum Referenzzeitraum vor der Klimaerwärmung um 4,0 Grad zu warm
In der Wasserwirtschaft ist das so genannte Abflussjahr 2022 ja schon am 31. Oktober zu Ende
gegangen und hat gleich mehrere Trockenheits- und Wärmerekorde aufgestellt. Nun sehen die
Fachleute des Ruhrverbands auch in ihren vorläufigen Auswertungen des Kalenderjahres 2022 den
Trend bestätigt, dass es im Ruhreinzugsgebiet immer trockener und wärmer wird. Das eklatante
Ausmaß der Temperaturveränderung verdeutlicht der Vergleich mit der Zeitreihe 1961 bis 1990, die in
der Meteorologie als Referenzzeitraum vor Beginn der Klimaerwärmung herangezogen wird. Demnach
war jeder einzelne Monat des Kalenderjahres 2022 gegenüber dem entsprechenden langjährigen
Monatsmittelwert dieser Zeitreihe zu warm, der August (der wärmste, der je gemessen wurde) um sage
und schreibe 4,0 Grad.
Wenig überraschend ist daher, dass das Jahr 2022 mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,2 Grad
Celsius den neuen Spitzenplatz als wärmstes Kalenderjahr im Ruhreinzugsgebiet seit Beginn der
Wetteraufzeichnung einnimmt, vor 2020 mit 10,1 und 2018 mit 10,0 Grad Celsius. Auch auf den
weiteren Plätzen finden sich ausnahmslos Kalenderjahre seit der Jahrtausendwende, darunter die
ebenfalls außergewöhnlich warmen Jahre 2014, 2016 und 2019. Eindrucksvoll ablesen lässt sich diese
Entwicklung an den so genannten „warming stripes“, die der britische Klimatologe Ed Hawkins
entwickelt hat, um die Entwicklung der globalen Erwärmung zu visualisieren.
Anders als bei der Jahresmitteltemperatur gab es bei der Jahressumme des Gebietsniederschlags im
Kalenderjahr 2022 keinen neuen Spitzenwert. Allerdings war von den letzten 15 Kalenderjahren
lediglich eines (2017) etwas zu nass, zwei waren durchschnittlich und die anderen 12 trockener als das
langjährige Mittel. Darunter auch 2022 mit 897 Millimetern Jahresniederschlag, 14 Prozent weniger als
im Mittel der Jahre 1927 bis 2021.
Eine Besonderheit hinsichtlich des Niederschlags war fraglos der Sommer 2022 (Juni, Juli und August),
der mit gerade einmal 120 Millimetern Niederschlag der trockenste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn
im Jahr 1927 war und den bisherigen Spitzenreiter (Sommer 2019 mit 144 Millimetern) deutlich auf
Platz 2 verwies. Mehr Niederschlag als üblich fiel 2022 nur in den Monaten Januar, Februar, April und
September, alle anderen Monate waren zu trocken.
Wegen der anhaltenden Trockenheit beantragte der Ruhrverband auch im Jahr 2022 bei den
Aufsichtsbehörden die Reduzierung der Grenzwerte zur Einhaltung der Mindestabflüsse in der Ruhr,
um die Wasservorräte in den Talsperren schonender bewirtschaften zu können. Abgesenkte
Grenzwerte galten bei Villigst/Schwerte vom 2. September bis zum Ende des Kalenderjahres
und auf der Gewässerstrecke zwischen Pegel Hattingen und Ruhrmündung vom 2. September bis zum
30. November 2022.
Trotz dieser vorausschauenden Bewirtschaftung durch den Ruhrverband lag der Stauinhalt des
Talsperrensystems am 31. Dezember 2022 um 7,7 Prozent unter dem langjährigen Mittel, da selbst im
Oktober und November 2022 noch Wasser aus den Talsperren abgegeben werden musste und erst die
Niederschläge ab dem 19. Dezember für einen nennenswerten Aufstau sorgten. Die Bedeutung des
Talsperrensystems für die überregionale Trinkwasserversorgung lässt sich daran erkennen, dass die
Ruhr bei Villigst/Schwerte ohne das zusätzliche Wasser aus den Talsperren zwischen Mitte Juli und
Anfang September 2022 an rund der Hälfte aller Tage trockengefallen wäre.
Die Grafik der „warming stripes“ für das Ruhreinzugsgebiet zeigt die Entwicklung der mittleren
Temperaturen der Kalenderjahre von 1881 bis 2022. Je „blauer“ ein Abflussjahr dargestellt ist,
desto niedriger war die Jahresmitteltemperatur, je „röter“ der Streifen ist, desto wärmer war das Jahr.
Die Dynamik der Klimaerwärmung, insbesondere in den letzten drei Jahrzehnten, ist deutlich erkennbar.
(Datenbasis: Temperaturrasterdaten des DWD, für das Ruhreinzugsgebiet gemittelt)